Hexenjagd
Von einer Freundin ausgeliehen
bekommen: Hexenjagd von Arthur Miller. Im Jahr 1952 zum ersten Mal
veröffentlicht, spielt es in der Zeit von 1692.
Natürlich wurde
es unendlich oft beschrieben, aufgeführt, diskutiert, rezensiert.
Nichtsdestotrotz ist es mir erst jetzt in die Hände gefallen und
schockiert mich unendlich. Natürlich ist mir bekannt, warum in
früheren Zeiten Jagd auf angebliche Hexen gemacht wurde. Die
Brutalität in „Hexenjagd“ muss aber auch schon bei der damaligen
Erstveröffentlichung und Aufführung zu heftigen Gefühlsregungen
beim lesenden oder schauenden Publikum geführt haben. Bei mir
zumindest hat es einiges ausgelöst.
Vor lauter Neid, Eifersucht,
Habgier und den anderen üblichen schlechten Eigenschaften der
Menschheit, kommt es zu unendlich grausamen Taten der
Gerichtsbarkeit. Denunziantentum muss man sich gut überlegen. Gerade
das können, wie Miller eindrucksvoll beweist, von Raffgier und Hass
belastete Menschen überhaupt nicht mehr überblicken. Junge Mädchen
tanzen verbotener Weise mitten in der Nacht im Wald und führen
angeblich Unrechtes aus. Sie werden erwischt. Der Schock lässt sie
zu zum Teil unüberlegtem Handeln und Reden verführen.
Welch
Schaden sie anrichten können, wenn sie zur rechten Zeit am rechten
Ort gegenüber zu zum Handeln berechtigte Personen den Mund
aufmachen, das erzählt die „Hexenjagd“. Und es ist zeitlos. Es
kann überall passieren. Wie aber Erwachsene so auf Teenager
hereinfallen können, und das ist ja nichts ungewöhnliches, ist
schockierend. Darüber hinaus spielt der Glaube, wie so oft, eine
entscheidende Rolle. Wer nicht den rechten Glauben hat, das auch
nicht beweisen kann, ist schuldig. Wer nicht gesteht, dem kann man
nicht vergeben, wird gehängt, verbrannt, was auch immer.
Dieses
Motto kommt auch in bekannten Serien vor. Wir sitzen vor dem
Fernseher, glauben, das kann nur in vergangenen Zeiten oder in der
Phantasie von Regisseuren passieren. Aber nein. Auch heute passiert
das. Nicht nur fern auf irgendwelchen Inseln, nein, die Hexenjagd
heute heißt wie auch damals schon: wer nicht den rechten Glauben
hat, oder Hautfarbe, oder Beruf oder oder oder, der wird verfolgt.
Gnadenlos. Verliert das Recht auf Leben, wie gerade erst passiert. Da
braucht es noch nicht einmal junge Mädchen, wie in Hexenjagd, die
sich einbilden, vom Teufel besessen zu sein, um andere Menschen
anzuschwärzen. Im Theaterstück waren zeitweise Hunderte inhaftiert,
das Todesurteil für viele bereits unterschrieben.
Was mich
besonders aufgeregt hat, ist, dass es für die ersten Gehängten
bereits zu spät war, die Todesurteile rückgängig zu machen. Und
dass es sich um Personen handelte „um die es ja nicht so schlimm
war“, weil sie nicht das Ansehen in der Gemeinde hatten. Das ist
natürlich bei anderen viel schlimmer, die kann man doch nicht
sterben lassen. Dass es viele, viele Jahre gebraucht hat, um die
Exkommunikationen rückgängig zu machen. Dass ausgerechnet die
Denunzianten vom Tod der angeblichen Hexen profitiert haben, die
Opfer und deren Nachkommen um ihre Rechte kämpfen mussten, wie
Miller beschreibt. Kommt einem das nicht bekannt vor? Dieses Drama in
4 Akten ist für mich eines der wichtigsten Theaterstücke, die nie
alt oder gar unmodern werden.
Im Internet findet sich ausreichend
Material über Miller und seine Werke.